Erweiterte Kampagnen – Fluch oder Segen?

Mit den erweiterten Kampagnen (Enhanced Campaigns) führt Google die verschiedenen Ausrichtungsarten zusammen und „erleichtert“ es Werbetreibenden Location, Zeit und Gerätetyp zentral über eine Kampagne zu steuern.

Die Story ist natürlich spannend zu lesen. So kann man z.B. in Verbindung mit geografischem Targeting dynamisch mehr für einen Nutzer bezahlen, der sich in der Nähe des stationären Geschäfts befindet oder man bietet weniger, wenn der selbe Nutzer erst nach Ladenschluss dort unterwegs ist (je nach Analysemöglichkeit vielleicht aber auch komplett andersherum).

Soweit so gut. Doch was steckt wirklich hinter den Optimierungen? Wir haben mal den Vorher-Nachher-Vergleich gewagt …

Location (Geotargeting)

Vorher: Wollte man verschiedene geografische Regionen (Land, Bundesland, Stadt) unterschiedlich ansprechen, z.B. mit anderen Geboten oder speziellen Anzeigen, blieb einem nichts anderes übrig als für jede Region eine eigene Kampagne zu erstellen.

Nachher: Mit den erweiterten Kampagnen kann man nun in einer einzigen Kampagne verschiedene geografische Regionen auswählen und mit einem speziell für die Location ausgerichteten Gebotsniveau versehen. Das Niveau (Google nennt es “Gebotsanpassung”), richtet sich nach dem Basisgebot. Bietet man beispielsweise standardmäßig 0,50€ auf ein Keyword, bedeutet eine Gebotsanpassung von +10% in Bayern, dass mein Gebot dort 0,55€ beträgt.

Location-Geotargeting

positiv: Mit Hilfe dieser Neuerung macht es Google dem Werbetreibenden tatsächlich sehr viel einfacher regionale Performanceunterschiede in der Gebotsstrategie zu berücksichtigen. Wollte man zuvor alle 16 Bundesländern gesondert aussteuern, musste man die gleiche Kampagne umständlich 15 mal klonen. Nun reicht dafür eine einzige Kampagne. Rein theoretisch ist nun auch der Weg frei noch tiefer zu gehen und, ausreichend Daten vorausgesetzt, bequem einzelne Städte anzusteuern.

negativ: Möchte man regionale Texte haben, bieten die erweiterten Kampagnen dafür leider keine Möglichkeit. Hier muss man zur altbewährten Methode greifen und für jede Region eine eigene Kampagne erstellen. Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Segmentierung innerhalb der Kampagne, d.h. alle Einstellungen werden auf Kampagnenebene getroffen. Gelten die +10% für Bayern nur bei Keyword A, bei Keyword B aber nicht, bleibt nur der Weg Keyword B in eine gesplittete Kampagnen umzusortieren.

Zeit (ad scheduling)

Vorher: Über den Werbezeitenplaner konnte man für spezielle Tage oder Stunden unterschiedliche Gebotsniveaus vergeben.

Nachher: Die Funktion bleibt erhalten bzw. ist sogar der gedankliche Vorreiter für die anderen Targetingbereiche.

Werbezeitplaner

positiv: Der Werbezeitenplaner war vorher ziemlich versteckt und umständlich zu bedienen. Mit den erweiterten Kampagnen steigt die Usability dieser Funktion deutlich an.

negativ: Auch beim Werbezeitenplaner gibt es keine Möglichkeit spezielle, also zeitbezogene, Texte zu erstellen. Zudem ist man auch hier wieder gezwungen Kampagnenduplikate zu erstellen, wenn sich Keyword A und B performanceseitig unterscheiden.

Gerätetyp (Devices)

Vorher: Wollte man die verschiedenen Endgerätetypen (Desktop, Tablet, Smartphone) mit gesonderten Texten und Geboten ansteuern, musste man jeweils eine eigene Kampagne erstellen und auf den Gerätetyp ausrichten.

Nachher: Die Anzeigen in den erweiterten Kampagnen werden standardmäßig auf allen Devices ausgeliefert. Durch Veränderung des Gebotsniveaus der “Mobiltelefone mit vollwertigem Internetbrowser” auf -100% kann man die Smartphones allerdings deaktivieren.

Geratetypen

positiv: Es ist möglich Anzeigen mit dem Prädikat “Mobil” zu versehen und so eine gezielte Auslieferung auf mobilen Endgerätetypen zu erwirken. Außerdem muss man nun keine eigene Mobile-Kampagne erstellen um Mobile-Gebote abzugeben. Ist z.B. die CR auf Smartphones nur halb so hoch wie auf dem Desktop, kann man nun bequem das Gebotsniveau auf -50% senken um den gleichen Zielwert zu erreichen.

negativ: Zum einen gibt es hier natürlich auch die oben schon beschriebene Sementierungsproblematik von Keyword A und B. Viel schwerwiegender ist allerdings die nun fehlende Steuerungsmöglichkeit der Tablets??? Konnte man zuvor speziell für die 3 Endgerätetypen eigene Gebote vergeben, sind die Tablets nun steuerungstechnisch mit dem Desktop-PC vereint, werden aber weiterhin getrennt ausgewiesen.

Fazit

Grundsätzlich sollte man Neuerungen erst einmal offen gegenüberstehen. Google hat durch die erweiterten Kampagnen durchaus ein Schritt in Richtung übersichtlichere Bedienbarkeit gemacht. Auch finde ich die Geotargeting-Lösung sehr gut gelungen und werde sie sicher häufig anwenden. Zudem ist noch erwähnenswert, dass Sitelinks nun auf Anzeigengruppenebene vergeben werden und somit eine gezieltere Ansprache des User möglich ist.

Es fällt aber auf das Google gerade im Bereich Geräte-Targeting einen ziemlich großen Schritt nach hinten gemacht hat. Es werden zwar weiterhin 3 Endgerätetypen angezeigt, allerdings können nur noch 2 verschiedene Gebote vergeben werden (Desktop/Tablet und Smartphones) und das auch nur als Gebotsniveau auf Kampagnenlevel.

Über die Gründe kann man viel spekulieren. Das ganze erinnert mich doch aber auch sehr stark an die Google-Suche und Suchpartner-Problematik. Auch hier ist es möglich getrennte Auswertungen zu fahren und Performance-Unterschiede zwischen google.de und Partner-Websites im Such-Netzwerk festzustellen … und die sind doch ziemlich deutlich. Ich habe als Werbetreibender aber keine Möglichkeit eigene Gebote für die Suchpartner zu wählen, kann also die Aussteuerungspotentiale nicht nutzen. Die einzige Möglichkeit ist es die Suchpartner abzuschalten und damit Potential zu verschenken.

Bei den erweiterten Kampagnen hab ich diese Möglichkeit nicht. Man bekommt die Desktop-Anzeigen nur noch im Bundle mit den Tablets, ob man nun möchte oder nicht.